Kunst und Freundschaft

Redaktion Frank Wendler
Redaktion Frank Wendler

Arthur und Hedy Hahnloser haben Kunstwerke gesammelt. Und was für welche! Jetzt sind sie in der Winterthurer Villa Flora wieder zu bestaunen.

Es begann sehr romantisch. Der angehende Augenarzt und die Schülerin an der Zeichenschule St. Gallen hatten gegen den Widerstand der Eltern sehr jung geheiratet. Sie kamen zu Wohlstand und begannen im Jahr 1907 mit dem Aufbau ihrer Sammlung. Arthur Hahnloser zählte zum Vorstand des Kunstvereins, der sich für frischen Wind in der entstehenden Museumslandschaft einsetzte. Der frische Wind war ein laues Lüftchen, wenn es um die Mitgliedschaft im Kunstverein ging, denn die war für eine Frau selbstverständlich ausgeschlossen. 

Über einen Freund fand das Paar Kontakt zu Giovanni Giacometti und kauften ihm in seinem Heimatdorf Stampa ein Selbstbildnis ab. Von Giacometti führte sie der Weg zu Ferdinand Hodler in Genf, wo sie ebenfalls ein Gemälde kauften. Im folgenden Jahr besuchten sie auf Anregung von Giacometti in Paris eine Cézanne-Ausstellung und lernten Felix Vallotton kennen. Ihr Kauf der «Badenden» machte in Winterthur rasch von sich reden, denn es sprach sich herum, dass bei den Hahnlosers eine nackte Frau an der Wand hing. Valloton kannte wiederum Pierre Bonnard und Edouard Vuillard, die natürlich ebenfalls mit Bildern die Sammlung bereicherten. 

Das Besondere an der Sammlung war eben nicht allein die grosse Begeisterung für die Moderne. Dem Paar waren auch die Beziehungen zu den Künstler:innen wichtig. Die Hahnlosers waren nicht reine Sammler:innen von Gemälden, sondern gewissermassen auch von Freundschaft, die besonders zu Félix Vallotton sehr eng war. Im Laufe von 30 Jahren und nach einer grossen Erbschaft ergänzten sie ihre Sammlung durch Arbeiten von Cézanne, Gauguin, Manet und van Gogh. Hedy Hahnloser schrieb einmal, dass die Beziehungen zu den Malern ihr ebenso viel bedeuteten wie die Bilder in der Villa: «Die sich vertiefende Zugehörigkeit zu dem Künstler-Freundeskreis wurde zum reichsten Inhalt unseres Lebens.»

In dem hübschen Museum hängen viele sehr gute Bilder. Aber wie in jedem Museum finden alle ein paar Lieblinge. Mir sprang zuerst Vincent van Goghs perspektivisch ungewöhnliches Gemälde mit dem grünen Billardtisch, den roten Wänden und den gelben Lampen in seinem Lieblings-Café in Arles auf, sicher eines der bekanntesten Bilder in der Sammlung und von mir keine originelle Wahl.

Aber es ist nun einmal schlichtweg grossartig. Von Felix Vallonton gibt es ein Dutzend Bilder. Mir gefiel ein Waldbild am besten, in das er Stille gemalt hatte und ich lächelte über sein grosses Interesse an weiblicher Nacktheit: warum beispielsweise sollte sein Modell ihr Buch mit freiem Oberkörper lesen? Grossartig fand ich auch Toulouse-Lautrecs Bild einer rothaarigen Frau. Seine Gemälde lehnte der Louvre nach seinem Tod übrigens ab, eine Entscheidung, die in der Selbstdarstellung des Museums wenig überraschend keinen breiten Raum einnimmt.

Sehr schön ist auch die Villa selbst. Es macht einfach Spass, durch den ehemaligen Salon und die etwa zehn Räume auf zwei Stockwerken zu spazieren – zumal in einer Privatsammlung wirklich sehr selten so viele Meisterwerke zu sehen sind. 

Empfehlenswert als Einstieg ist die Website der Villa Floramit vielen Abbildungen und Informationen zu Sammlung, Sammlerpaar und Villa. Einen Besuch wert ist sicher auch das Frühlingsfest am 25. und 26.Mai im sehr schönen Garten.

Von Frank Wendler am 09. Mai 2024 veröffentlicht.

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