Er sagt | Sie sagt: Eisblumen Zweiblumen Drüblumen...

Ich eile nach einer Zugfahrt im Feierabendverkehr durch die überfüllte Marktgasse und erreiche schliesslich, etwas ausser Atem und definitiv genervt, das Figurentheater. Am Eingang werde ich empfangen von einem Guetzli und einem Glühmost und bin direkt versöhnt mit der Welt.

Das Treppenhaus ist über zwei Stockwerke mit einer Menschenschlange bestückt: Der Eindruck, dass die fehlenden Infos auf der Website auf grossen Erfolg zurückzuführen sind, ist bestätigt. Trotzdem finden wir alle ein Plätzchen im kleinen Theater und dann geht es los.

Aber was geht eigentlich los? Das weiss man eben jeweils nicht. Und so geht dann auch ein Raunen durch die Menge, als die Auftretenden des Abends bekanntgegeben werden. Vielleicht sehen wir gerade ein paar Szenen eines Winterthurer Theaterkollektivs, vielleicht singt ein A-cappella-Quartett, vielleicht wird gezaubert?

Eigentlich völlig egal. Schulter an Schulter sitzen wir zusammen, träumen, weinen, lachen und geniessen eine halbe Stunde Ruhe in dieser hektischen Zeit.

Mit den Adventskalendern ist das ja so eine Sache. Ich weiss noch genau, wie ich als Chindzgichind im Dezember morgens aufsprang, die Treppe hinunterpolterte, meine fettigen Kinderhände gegen die Verandascheibe klatschte und gierig nach der tiefsten Nummer auf dem Adventskalender suchte. Dann fummelte ich das Türchen auf und brüllte begeistert: Ein Glöggli!! – Oder ein Schäfli. Oder was auch immer auf dem Bild war, es haute mich völlig weg und siegestrunken wandelte ich in den Kindergarten.

Leider entwächst man dem Alter schnell. Bald musste meine arme Mutter ihr Kalender-Game upsteppen und anstelle von Bildern mit kleinen Päcklis aufwarten. Aber irgendwann war auch das vorbei und so erging es vermutlich ganz vielen aufwachsenden Menschen und heute klafft eine wehmütige Lücke in ihrer Seele, da wo einst die absurde Vorfreude auf ein unbedeutendes Bildchen wohnte.

So jedenfalls erkläre ich mir die Erfindung der performativen Adventskalender. Wenn Bildli und Päckli nicht mehr rocken, kommt das Theater zum Zug. Das Prinzip ist dasselbe: An jedem Tag im Advent gibts eine kleine Überraschung. Nun ist das einfach eine Aufführung.

Was erwartet uns? Schauspiel, Musik, Comedy, Tanz – vor der Tür Glühmost und Gebäck, hinter der Tür ein kleines Geheimnis. Und schon bin ich wieder der kleine Junge.

Eisblumen
Figurentheater Winterthur
1.-23. Dezember, jeweils 18:00-18:30 Uhr