Liebe und Würmer

Ein Stück für Romcomfans, Feminist:innen und solche, die es gerne werden möchten und natürlich für alle, die sich fragen, ob es manchmal nicht besser wäre, ein Wurm zu sein.

In der ersten Reihe

Vor gut einem Monat besuchte ich eine Probe im Theater Winkelwiese, wo das «netzwerk wildi blaatere» gerade in den Endproben für das neuste Stück steckte. Das Theater Winkelwiese kannte ich schon, das «Netzwerk» war mir neu!

Ich werde herzlich willkommen geheissen und darf sogleich in der ersten Reihe Platz nehmen. Die Probe beginnt mit dem ersten Teil des Stücks: Drei Stühle, drei Personen und drei Scripts befinden sich auf der Bühne. Die drei Personen setzen sich hin und lesen einen Text vor. Regisseurin Johanna Benrath richtet währenddessen immer wieder neue Eingaben an die Lesenden und überspringt auch mal den einen oder anderen Textabschnitt. Zwischen den Bruchstücken des Bühnentextes, die ich zu hören bekomme, finden Diskussionen statt. Wie fühlt es sich an? Braucht es doch wieder ein Tisch auf der Bühne? Wie sitzt ihr, wohin schaut ihr, wie ist der Kontakt mit dem Publikum und unter euch?

Schliesslich geht's in die nächste Szene über. Zwei Personen gehen ab und nehmen Stühle und Textbücher mit. Stattdessen gibt es jetzt Musik, Licht und das Spiel von Sarah Gailer. Immer wieder spielt sie neue Figuren an und springt in verschiedene Szenen, die aus einem Film mit Happy End stammen könnten.

Über das «netzwerk»

Die Zeit vergeht wie im Flug und plötzlich ist es schon 21 Uhr! Bevor ich mich auf den Nachhauseweg mache, zeigt mir Vermittler:in Elo Göldi die Garderobe und erzählt mir vom netzwerk und der Entstehung dieser Ko-Produktion mit dem Theater Winkelwiese: 

Das «netzwerk wildi blaatere» besteht aus Theaterschaffenden, die gemeinsam in verschiedenen Konstellationen Produktionen erarbeiten. Die Recherche und Gespräche für dieses Stück begannen schon vor vier Jahren und der erste Text, der in der Inszenierung vorgelesen wird, ist ein Ergebnis dieser und stammt von Journalistin Lena Fiedler. Es ist viel Stoff, es geht um Romantik und Sexismus, Mysogynie und Liebe, die Ehe und um ein Meme, dessen Kernfrage: «would you still love me if I was a worm?» im Zentrum steht. Diese Frage wird im zweiten Teil der Inszenierung von der Figur auf der Bühne aufgegriffen. In Fiona Schreiers Solostück-Text sucht «Frau um die 30ig» nach dem guten Leben und erkundet das «utopische Potential des Wurmseins».

Das ganze Stück bekam ich schliesslich am 5.Mai zu sehen. Der Abend begann mit einem gemeinsamen «Worm-up» mit dem Publikum, das ein Teil des Vermittlungsprogramms, auf das das «netzwerk» einen besonderen Schwerpunkt legt. So enthält eine Publikation zum Stück wertvolle Informationen wie Buchempfehlungen oder Hinweise auf bpsw. die Beratungsstelle für Opfer (und Täter:innen) von geschlechterspezifischer Diskriminerung und Gewalt. Am 13.Juni findet nach der Vorstellung ein Expert:innen-Podium statt.

Mein Tipp:

Im Juni wird es noch drei Vorstellungen geben. Ich kann das Stück wärmstens empfehlen: Es ist eine wilde Achterbahn der Gefühle, mit Hard Facts aber auch mit viel Humor und diesem wunderbaren Wurmkostüm von Lea Niedermann und Linda Vollenweider: 

Besonders geeignet für Romcomfans, Feminist:innen und solche, die es gerne werden möchten und natürlich für alle, die sich fragen, ob es manchmal nicht besser wäre, ein Wurm zu sein.

Von Enno Rennenkampff am 15. Mai 2024 veröffentlicht.

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