© Tanja Krebs

Menschen hinter der Kulisse: Technischer Projektleiter Moritz Noll

Im Opernhaus konstruiert er Bühnenbilder und gibt Führungen. Über die grössten Pannen und einen Bühnenvorhang, der grösser ist als ein Tennisfeld.

Du führst Interessierte in einer 1-stündigen Führung unter, auf und über die Bühne des Opernhauses: Was ist der Höhepunkt der Bühnentechnik-Führung?

Die wenigsten erahnen das Universum, dass sich hinter der Bühne auftut. Hier wuseln unzählige Menschen während der Proben und Vorstellungen hin und her und arbeiten mit riesigen Maschinerien – von fahrbaren Podien über Drehscheiben, 10 Meter hohe Lifte bis hin zu 50 einzelnen Kränen –, um die gigantischen Dekorationsteile zu bewegen. Für die meisten ist es wohl beeindruckend, auf der Bühne zu stehen und für einmal den Blick in den Zuschauerraum zu haben. Ich selbst staune immer wieder, dass wir während der Führung fast 24 Höhenmeter zurücklegen: von – 13 Hm (Montagehalle) bis auf + 11 Hm (im Bühnenturm)! 

Wie lang, hoch und schwer ist eigentlich der Vorhang der Opernhaus-Bühne?

Für unsere Bühnenöffnung von etwa 12 Meter Breite und 8 Meter Höhe braucht es zwei ziemlich grosse Stoffteile! Damit der Vorhang schön fällt und elegante Falten wirft, nimmt man mindestens doppelt so viel Stoff und näht Gewichte im Saum ein. Eine Vorhangmaschine rafft den Stoff und zieht ihn zu den Seiten weg oder hoch. Insgesamt besteht der Vorhang aus 340 Quadratmeter rotem, schwerem Samt und wiegt 300 Kilogramm – ein Masse, die in keine Waschmaschine passt. Also wird der Vorhang jeden Sommer ausgiebig ausgeklopft und gesaugt – und nach rund 20 Jahren ersetzt.

Erinnerst du dich an eine schlimme Panne während einer Vorstellung?

Neben der «Forza-Panne» [siehe Video unten] gab es die «Aida-Panne»: Bei der letzten Vorstellung löste die Schüttvorrichtung den Schuttregen schon während der Eröffnungs-Ouvertüre anstelle des Schlussbildes aus – und begrub das Bühnenbild inklusive Aida! Es dauerte 20 Minuten, bis Bühne und Sängerin wiederhergestellt waren und der Dirigent von vorne beginnen konnte. Ein technisches Versagen, bei der das Publikum derart aus seiner Illusion gerissen wird, ist eher selten … Um dies zu vermeiden, gibt es die Konstruktions- und Probenzeit, die uns alle paar Wochen vor neue technische Herausforderungen stellt. Bei jedem neuen Bühnenbild habe ich eine völlig neue Welt vor mir, in der sich fast nichts wiederholt, und wir uns von Prototyp zu Prototyp arbeiten, was natürlich mega spannend ist.

Was überrascht am meisten, wenn du von deinem Beruf erzählst?

Die wenigsten wissen, dass man als Ingenieur nicht nur Autos bauen kann, sondern dass Dekorationsbau fürs Theater gleich anspruchsvoll sein kann. So eine Dekoration muss zum Beispiel einen ganzen Chor bewegen können und darf dabei nicht in sich zusammenfallen. Und viele beneiden mich, dass ich während der Arbeit einfach mal drei Stunden eine tolle Monteverdi-Oper sehen darf.

Du arbeitest ja gewissermassen auch in der Kultur und für die Kultur. Wo gehst Du selbst gerne «Kultur konsumieren»?

Weil im Opernhaus alles sehr gross ist, mag ich es am Abend lieber kleiner und intimer. Deshalb bin ich gerne im Theater Neumarkt oder schaue mir das alte Stadtmodell im Haus zum Rech an. Oder ich stehe mit einer Flasche Wein auf dem Negrellisteg und geniesse die Vorstellung der ein- und ausfahrenden Züge.

 

 

Titelbild: Moritz Noll © Tanja Krebs
Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 31.1.2022, wurde jedoch aus Gründen der Aktualität nochmal publiziert.

Von Katharina Nill am 17. März 2022 veröffentlicht.

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