Giacometti und Dalí im surrealen Traumgarten

Eine Ausstellung über die Zusammenarbeit von Salvador Dalí und Alberto Giacometti und ein Eintauchen in die kreative Welt des Surrealismus.

Alberto Giacometti wurde im April 1930 von André Breton und Salvador Dalí dazu eingeladen, dem Kreis der Surrealisten beizutreten. Anlass dazu war die 1930 geschaffene Skulptur Giacomettis «Boule suspendue»: Im Innern eines Metallkäfigs hängt an einem Faden eine Kugel, die über einem sichelförmigen Keil schwebt und passend zur Form des Keils eine tiefe Kerbe aufweist. Ein Schlüsselwerk unter Giacomettis surrealistischen Objekten. Das Werk gilt als Metapher erotischer Begierde und löst im Betrachter und in der Betrachterin den Wunsch aus, die Kugel über dem Keil pendeln zu lassen. Salvador Dalí war fasziniert von der sexuellen Frustration, die das Werk ausstrahlt und erhob es zum Prototypen der «Gegenstände mit symbolischer Funktion». Passend zum Kredo der Surrealisten: Die ganze Welt der menschlichen Psyche sollte in der Kunst zum Ausdruck kommen. So auch Verdrängtes, Sexualität und Gewalt, Obsession und Grausamkeit.

Diese Geisteshaltung war die Basis der Gemeinschaftsarbeit von Giacometti und Dalí.

Begonnen hat das gemeinsame Projekt mit dem Auftrag des Sammlerehepaars Charles und Marie-Laure Noailles an Giacometti, eine Installation im Garten ihres Sommersitzes, einer modernistischen Villa in Hyères, zu gestalten. Das daraus folgende «Projet pour une place» ist ein Ensemble aus fünf geometrischen Figuren auf einem Plateau: Ein Kegel, eine Scheibe, eine Schlange, eine Stele und eine Halbkugel. Die Objekte deuten wie in einem Traum eine konkrete Funktion an, rufen beim Betrachten Assoziationen hervor und bilden einen Raum, in dem sie ihren Platz einnehmen und interagieren. Die Objekte erscheinen einerseits greifbar und organisch, andererseits künstlich konstruiert, doch hat jedes seinen eigenen Charakter. Dalí nahm die Idee auf und bettete die Elemente in ungefährer Menschengrösse in eine biomorphe Gartenanlage wie die Skizze «Projet pour les Noailles» erkennen lässt.

Das Projekt «Projet pour une place» wurde nie als Ganzes in Originalgrösse und in Stein gehauen realisiert. Heute steht es 1:1 nachgebaut als Replik und als Herzstück der Ausstellung in der Mitte des Raumes. Ausserdem zeigt die Ausstellung eine bedeutende Gruppe surrealistischer Objekte Giacomettis und erlesene Werke Dalís. Dazu bedeutende Skizzen der beiden Künstler, wie etwa die selten gezeigten «Carnets» Giacomettis und Dokumente und Fotografien zum gemeinsamen Schaffen. Die umfangreiche Schau ermöglicht ein Eintauchen in die Welt des Pariser Surrealismus der frühen 1930-er Jahre und beleuchtet zwei massgebliche Vertreter der Bewegung, die in der Zusammenarbeit die grosse Form und den offenen Raum suchten. Präsentiert werden im Zusammenhang auch Werke von Luis Buñuel, Yves Tanquy und weiterer Exponenten des Surrealismus.

Von Simone Liedtke am 25. Mai 2023 veröffentlicht.

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